Ein roter Faden für dich - Advent 2020
Der Adventkalender ist ein Geschenk von Elisabeth Anker und von Christine Bertl-Anker.
„Fasset Mut und habt Vertrauen!“, heißt es im Adventlied… - das soll auch in den dunklen und schwierigen Zeiten unseres Lebens möglich sein. Unser Vertrauen kann sich wie ein roter Faden durch unser Leben ziehen – besonders im heurigen Advent.

1
krippe
im gedroschenen stroh
des leeren geredes
kein körnchen wahrheit mehr
täglich wächst der hunger
dass ein wort geboren werde
nahrhaft wie ein weizenkorn
andreas knapp
2020 – ein Jahr in dem sich die Nachrichten geradezu überschlagen.
Die vielen Worte eines ganzen Tages… - welche davon sind nahrhaft? Wem möchte ich ein gutes Wort sagen? Auf wessen Wort warte ich?

2
Vom Weinen in der Welt
Es ist
ein Weinen in der Welt,
als ob der liebe Gott
gestorben wär.
Else Lasker-Schüler
Es gibt eine Zeit für das Weinen und eine Zeit für den Trost.
Möge eines das andere ablösen und unseren geläuterten Herzen wieder Hoffnung geben.
Kenne ich jemanden, dem heute ein Trostblick gut täte?

3
Weißt du, alle sagen doch immer:
Mach was aus deinem Leben,
mach was aus dem Augenblick.
Aber ich weiß nicht,
irgendwie glaube ich,
es ist andersrum.
Der Augenblick macht was mit uns.
Richard Linklater
Wenn wir vor großen Veränderungen stehen, verschlägt es uns den Atem.
Besser ist es, kleine Schritte zu tun. Im Augenblick sein. Und ja: uns verändern lassen. Wachsen.
Auch heute wachse ich. Wohin

4
Wie ein Baum
wie ein baum in der wüste
musst du werden
oben
die sterne
unten
die wasserkälte des lichts
Joseph Kopf
Standhaft werden – auch mit wenig Wasser – trotz Hitze und Kälte – aber immer die Äste in den Himmel gereckt… die Zweige voll Knospen und künftigen Blüten, Früchten…
Standhaft bleiben … im Leuchten von unten

5
Wie wenig nütze ich bin
…
Und im Vorbeigehn,
ganz absichtslos,
zünde ich die ein oder andere
Laterne an
in den Herzen am Wegrand.
Hilde Domin
Und wenn es mir gelänge, absichtslos die eine oder andere Laterne in den Herzen am Wegrand anzuzünden, mein Leben wäre an Fülle voll, mehr noch, voll über den Rand hinaus.

6
Es muss etwas ins Blickfeld kommen, bevor es da ist.
Das nenne ich aus der Zukunft heraus bewegt sich etwas.
Da gibt’s auch eine Ursache,
aber die Ursache liegt in der Zukunft,
und logicherweise ist die Wirkung in der Gegenwart
eher da, als die Ursache in der Zukunft zu finden ist
Joseph Beuys
Es ist grundvernünftig, Hoffnung zu haben. Der Zukunft das Gute zuzutrauen. Zu vertrauen. Das macht uns großzügig.
Wer werden wir morgen sein?

7
Köstliche Nutzlosigkeit
Beten ist die köstlichste Nutzlosigkeit, die wir haben. Es ist in sich schön und es rechtfertigt sich nicht durch seine Erfolge.
Fulbert Steffensky
In unserer Großfamilie gab und gibt es immer wieder Betende. Das Besondere an ihnen: die Selbstverständlichkeit, mit der sie das Göttliche in ihr und unser Leben holen, still und ohne Aufsehen …

8
So viel Gott
So viel
Gott
strömt
über
…
Else Lasker-Schüler
Bei allem, was wir tun, was wir erkennen und was wir wünschen, ist es gut zu wissen, dass in uns selbst schon alles angelegt ist. Es bedarf nur noch unserer Entscheidung, es bedarf unseres freudigen Ja!
Wozu möchte ich heute aus ganzem Herzen Ja sagen?

9
Tönendes Schweigen
Erst
das Schweigen
tut das Ohr auf
für den inneren Ton
in allen
Dingen
Romano Guardini
Heute steht die Einladung, nicht nur auf den Ton der Dinge zu achten, sondern das innere Tönen meiner Begegnungen, meiner Sehnsucht und meiner Gefühle für mich hörbar zu machen.
Wie klingt das Enkeltelefonat? – oder: Wie klingt Dankbarkeit?

10
Veränderte Perspektive
Drehen Sie doch mal das Fernrohr um. Welche Wohltat zu sehen, wie klein die Sorgen dann werden.
Rudolf Otto Wiemer
Uns jagen Katastrophenmeldungen aus aller Welt, Pandemie Vorschriften, Fake News, Korruptionsnachrichten aus Politik und Wirtschaft u. v. a.
Unser Geist wird hyperaktiv ... und gleichzeitig orientierungslos.
Wie kann ich wieder zur Ruhe kommen?
Buchtipp: Jon Kabat-Zinn, Im Alltag Ruhe finden … vom Buchhändler ihres Vertrauens

11
Sich Ergeben
Das „In-einem Menschen-aufgehen wollen“ ist aus meinem Leben verschwunden, übriggeblieben ist möglicherweise ein „Sich-ergeben-Wollen“ an Gott oder an ein Gedicht.
Etty Hillesum
Eine junge Frau schreibt kurz vor ihrer Ermordung im KZ solche Sätze. Sie macht den Schritt – weg von sich selbst auf etwas zu … in dem viel mehr steckt, als sie zu ahnen vermag. Sie macht einen großen Schritt in die Freiheit,
in das Geschehen lassen …
in das Annehmen

12
Lebendig werden durch Verwandlung
Lebendig werde ich erst, wenn das Andere da draußen mit mir so in Beziehung tritt, dass ich durch diese Beziehung selbst verändert werde, dass ich mich dabei und darin verwandle.
Hartmut Rosa
Verwandlung, Veränderung ist das einzige, dessen wir uns sicher sein können. Nichts und niemand bleibt so wie es, er oder sie ist. Ich darf meine eigenen starren Vorgaben über Bord werfen und mich aufmachen zu neuen Ufern.
Habe ich heute Mut für ein kleines Stück Freiheit?

13
Versuch
Versuche stets
ein Stück Himmel
über deinem Leben
frei zu halten
Marcel Proust
Vielleicht gilt es, die Einladung des heutigen Sonntags anzunehmen:
Gemeinschaft pflegen, ausruhen, spazieren, genießen …
Das Gesicht in die Sonne halten und die Seele baumeln lassen …

14
Wir brauchen nicht so
fortzuleben, wie wir
gestern gelebt haben.
Machen wir uns
von dieser Anschauung los,
und tausend Möglichkeiten
laden uns zu
neuem Leben ein
Christian Morgenstern
Wir sehnen uns zurück in die Zeit der Unbeschwertheit.
Gelingt es mir, das „Heimweh“ nach dem „Früher“ loszulassen und das zu begrüßen, was auf mich zukommt?
Abends: was war heute neu – und gut?

15
Vielleicht stehst du jetzt
im Garten einer anderen Ferne
hältst deine Hand
aus dem Fenster der Nacht
gibst mir ein Zeichen
das ich nicht sehe
vielleicht hast du die Sehnsucht
für mich erfunden
Joseph Zoderer
Sich jeden Tag aufs Neue überraschen lassen davon, wie Begegnungen geschehen, wie Schadhaftes gut und Zerbrochenes heil wird… Und dabei – sich jeden Tag aufs Neue der Hoffnung hingeben.

16
Das Verkosten
Nicht das Viele
sättigt die Seele,
sondern
das Verkosten
der Dinge von innen.
Ignatius v. Loyola
Vielleicht können wir heute wieder einmal das sammeln, was wir von innen brauchen. Es wird nicht viel sein, ein Buch, ein Bild, ein Brief, eine Erinnerung, vielleicht sogar ein Ort im Garten oder ein Lied … kosten wir wieder davon.

17
Die Sehnsucht nach einem neuen Weg
bringt den Weg nicht hervor.
Nur das Beenden des alten Weges kann das erreichen.
Wir können nicht am Alten festhalten
und gleichzeitig etwas Neues wollen.
Das Alte trotzt dem Neuen,
das Alte verleugnet das Neue,
das Alte schreit das Neue nieder.
Es gibt nur eine Möglichkeit, Neues
hervorzubringen: Wir müssen
Platz dafür schaffen.
Neale D. Walsh
Auch in einem dichten Tag voller Arbeit, Aufgaben und Sorgen: Innehalten. Nichts tun. Sitzen und Ruhe geben. Atmen. Wieder ruhig werden. In den Wald gehen. Platz schaffen.

18
Genug
Herz verschleudert
Hüte
deine Lippen
Büße
für uralte
Sünden
Rose Ausländer
Nichts, was bisher geschah, nichts, was heute geschieht und nichts, was morgen geschehen wird kommt von allein. Alles hat Ursache und Wirkung. Da bleibt nur – weiterhin – genug Herz verschleudern …

19
Glück
Nichts mehr,
was dich treibt,
nichts mehr,
was dich hält.
Auf den Hügel hinauf
und solange
nach innen singen,
bis die Stimme
dich aufhebt
und mitnimmt.
Peter Härtling
Dichter können unser Sehnen oft besser ausdrücken, als wir selbst es verstehen. Sie sind es, die unsere farbigen Gedanken vollkommen machen, so wie die Blätter des Ahorns im Herbst. ‚Vielleicht hält Gott sich (ja) einige Dichter‘! (Karl-Josef Kuschel) … und wenn, dann nur - zu unserem Glück!

20
Träume mich Gott
Du hast mich geträumt, Gott, wie ich den aufrechten Gang übe und niederknien lerne, schöner als ich jetzt bin, glücklicher als ich mich traue, freier als bei uns erlaubt.
Höre nicht auf, mich zu träumen, Gott. Ich will nicht aufhören, mich zu erinnern, dass ich dein Baum bin, gepflanzt an den Wasserbächen des Lebens.
Dorothee Sölle
Wie tröstend ist es für uns Menschen, von Gott erträumt zu sein. Und gleichzeitig spüren wir die Freiheit, Träume nicht erfüllen zu müssen.
Und dennoch – bis zum Schluss – gibt es für uns nichts Größeres, als den Träumen Gottes ähnlich zu werden.

21
Lachen rettet uns,
weil wir die andere Seite der Dinge sehen,
ihre surreale und unterhaltsame Seite,
oder uns diese zumindest vorstellen.
Lachen hilft uns, nicht zerrissen zu werden,
nicht wie welkes Laub fortgefegt zu werden,
sondern die Nacht zu überstehen,
auch wenn diese endlos lang ist.
Roberto Benigni
Diese lange Nacht – der Wendepunkt. Es wird wieder heller und wärmer. Es wird wieder blühen in uns und um uns herum.
Heute meinem Lachen auf der Spur sein. Worüber und mit wem kann ich herzlich lachen?

22
Halte dir jeden Tag
dreißig Minuten
für deine Sorgen frei
und in dieser Zeit
mach ein Nickerchen
Abraham Lincoln
Mach eine Pause. Raste. Ruh dich aus.
Vertrau darauf, dass du alles schaffst, was du heute schaffen kannst.
Nimm dir Zeit für dich.

23
Es ist das, was ins Leben drängt,
das Innerste, das keine Form hat und keinen Namen
und das sich sehnt und das zugleich
in vertrauensvoller Sicherheit weiß,
dass es unstillbar ist,
und somit stets aufs neue wiederauferstehen wird,
wie verheerend das Scheitern auch war.
Und ist. Und sein wird.
Andreas Weber
Immer bleibt etwas „zu wünschen übrig“, immer bleibt eine Sehnsucht. Mit der Sehnsucht fängt alles an. Nicht mit den Sorgen, nicht mit der Angst.
Pflegen wir unser Sehnen. Nicht um seiner Erfüllung willen sondern deswegen, weil es uns wach hält und hoffnungsvoll.

24
Wenn du vor dem Kind stehst
leg die lauten Worte ab
die Waffen deines verkarsteten Wesens
Den Liedermantel leg an
Lächeln und zärtliche Gesten
Mit Träumen
dem Gewand deiner Hoffnung
steh vor dem Kind.
Ingeborg Pacher
Frohe und Gesegnete Weihnachten

25
Und plötzlich weißt du:
Es ist Zeit,
etwas Neues zu beginnen
und dem Zauber
des Anfangs zu vertrauen
Meister Eckhart
Dem Zauber des Anfangs vertrauen – eine Übung für jeden einzelnen Morgen und für das kommende Neue Jahr!
Alles Gute!
